11. Januar 2012

Das "Tussi"-Vorurteil

Ich muss gestehen, dass in meiner Welt, Kosmetikerinnen noch vor Kurzem, na ja, nicht wirklich für ihre Intelligenz bekannt waren. Ein längst gemaltes Bild, welches von langen, knallbunten Fingernägeln und gebleichten Haaren dominiert wird. Übertriebenes Make-up, High Heels und ein nichtssagendes Grinsen einer Hausfrau aus den 50ern auf den Lippen. Es sind wohl Frauen, die so egozentrisch sind, dass ihr Blick nicht einmal über den eigenen Lidstrichrand hinausragt. Frauen, die wohl nur eine eigene Meinung entwickeln, wenn es um die fünfzigste Nuance einer MAC-Foundation geht. In einer Welt
lebend, in der keine politische Nachricht wichtiger sein könnte, als das neue Chanel-Produkt. Frauen, die an einem herunterblicken, sodass sich spontan ein Gefühl von gleichzeitiger Minderwertigkeit für das Selbst und einer Verachtung für das Gegenüber einsetzt. Ach ja, nicht zu vergessen die 3 Echtpelze im Schrank.

Bis zum heutigen Tag schreit sich die Beauty International (Fachmesse) nur "Tussi-Messe" inmitten meines Freundeskreises.

Mein Resümee nach einigen Wochen der Kosmetik-Ausbildung und inmitten von Kosmetikerinnen: Oh, wie einfach fällt man doch selbst in die Falle der Vorurteile.

Ich kann Euch versichern, dass es sehr wohl interessierte und interessante Mädels mit diversen Hintergründen sind. Frauen die sehr wohl so einiges auf „dem Kasten“ haben. Frauen, die sehr wohl hinterfragen, konstruktiv kritisieren und an alternativen Überzeugungen interessiert sind. Frauen, denen der dermatologische Hintergrund wichtiger ist, als das aktuellste Make-up. Frauen, die nie und nimmer in das von mir oben gemalte Bild hineinpassen. Interessiert, teils ungeschminkt, mit gepflegten Naturnägeln, hochgesteckten Haaren und einem offenen, liebenswürdigem Lächeln, das ansteckt.

Natürlich gibt es auch Negativ-Beispiele, aber in welcher Branche gibt es die nicht?

Mit einem verschmitzten Grinsen stelle ich gerade fest, dass mir selbst dieses Vorurteil anhaften wird. Das ich wahrscheinlich Bestürzung erleben werde, wenn ich zugebe je eine Uni von Innen gesehen zu haben. Nachfragen, warum ich es nicht zu „mehr“ gebracht habe.

Ich kenne einen Projektmanager einer großen Investmentbank, der nichts lieber täte als seinen ganzen Tag kleine Elektroautos zu programmieren. Ich kenne eine IT-Projektleiterin eines Energieriesens, die so gerne kranke Kinder in der 3. Welt betreuen würde. Ich kenne einen Marketingleiter einer großen Einzelhandelskette, der es sehr bereut nie Uhrmacher geworden zu sein.

Warum es nicht zu „mehr“ gereicht hat? Genau dazu hat es ja gereicht: zu mehr. Zu mehr, als einem vorgezeichneten Weg. Zu mehr, als einem anonymen Bürojob. Zu mehr, als rein extrinsisch motiviert von Wochenende zu Wochenende zu leben. Zu mehr, weil ich eine Idee umsetzen darf, an die ich so sehr glaube. Das Vegan Rocks. Deutschlands erstes veganes Kosmetikstudio.

Das ist für mich so viel mehr.

Ein Ihr-seid-Eures-Glückes-Schmied Schubidu
Moni Rocksbeauty